Zum Jahreswechsel 2012/13 wurde das erste Alte Wilde Korkmännchen geklebt. Vor der Tür gleich an der Ecke mit einem Stuhl und verschämt am frühen Morgen, noch halb in der Nacht. Anonym, ohne wirklichen Hinweis auf den Urheber, allein Josef Foos wusste Bescheid, denn er bekam eine Karte zum neuen Jahr und er ermutigte gleich doch mehr und weiter zu machen.
Nach fast sechs Jahren noch vor der Jahreswende 2018/19 gehen die Alte Wilde Korkmännchen nun in das zweite Tausend. Längst wird nicht mehr im geheimen geklebt. Wer will kennt den Urheber; im Rahmen der Südwestpassage Kultour gab es im Oktober 2018 eine Ausstellung. In der Ausstellung war schon einer der Blumenwerfer zu sehen, von denen dann am exponierten Ort in Berlin-Mitte an der Spree im Nikolaiviertel zwei gesetzt wurden.
Die ersten tausend Alte Wilde Korkmännchen sind in Flickr eingestellt. Dort lassen sich u.a. Straßennamen gezielt suchen. Die Korkmännchen nach dem tausendsten finden sich auf Instagram.
COESFELD. Die Korkmännchen haben Coesfeld erobert. Immer mehr der kleinen Figuren, ob mit oder ohne Botschaft, erfreuen Einwohner und Besucher, die sich etwas Zeit nehmen, die Stadt genauer zu betrachten. Ob an oder in Kirchen, neben Bäckereien, in der Innenstadt oder in Wohngebieten – es gibt sie überall. Auch wenn die Coesfelder Korkmännchen-Väter und -Mütter weiter im Verborgenen wirken wollen, so hat Redaktionsmitglied Jessica Demmer mit einem der Gründungsväter der Bewegung in Berlin sprechen können.
Wolfgang, wann und warum hast du mit den Korkmännchen angefangen? Wolfgang: Josef (Anm.d.Red.: Berliner Yoga- Trainer Josef Foos, s. Infokasten) hat 2009 damit angefangen. Ich habe einen seiner ersten „Street-Yogis“ gesehen und war hin und weg, habe aber selber erst 2012/13 angefangen.
Worum geht es bei den Korkmännchen genau? Wolfgang: Das Besondere ist, dass obwohl sie im öffentlichen Raum stehen, sie für die meisten Menschen unsichtbar sind. Wenn sich dem Betrachter ein Korkmännchen zeigt, möchte er Freude und Glück bringen. Spaß für den Klebenden und den Sehenden ist das eine, das andere sind zu bestimmten Zeiten und zu bestimmten Themen auch Botschaften, bei mir zum Beispiel „#FreeDeniz“. Und dann – nicht zu unterschätzen – gibt es dieses „niedrigschwellige Widerständige“, das sich in der Rückeroberung des öffentlichen Raums zeigt.
Wie entstehen die Ideen zu den einzelnen Korkmännchen? Wolfgang: Ich bin eigentlich der „Purist“ unter den Korkmännchen-Machern. Keine Farbe, wenig Accessoires. Andere sind da viel innovativer, Josef erfindet sich alle paar Monate neu.
Wie entscheidest du über die Orte, an denen du sie platzierst? Wolfgang: Hoch genug, aber erreichbar, manchmal entscheide ich nach ‘schönen’ Straßennamen, manchmal an exponierter Stellung, manchmal in Stadtteilen.
Platzierst du sie bewusst, wenn dich niemand sieht, oder kommst du auch mal mit den Menschen ins Gespräch? Wolfgang: In Berlin macht man das tagsüber, und es bemerkt kaum jemand, dass man da gerade etwas setzt.
Du stehst jetzt kurz vor dem 1000. Männchen. Wie viel Zeit investierst du dafür? Wolfgang: Es „kostet Zeit“, aber das ist nicht wichtig. Im Winter anders als im Sommer. Während eines Fußballspiels im Fernsehen lässt sich schon etwas basteln oder beim Musik- oder Radiohören.
Woher kommen die ganzen Korken? Wolfgang: Wenn Freunde wissen, dass man das macht, wird man überhäuft. Die Weinhändler liefern liebend gern. Es ist keine Not.
Stehst du in Kontakt mit anderen Korkmännchen-Bastlern? Gibt es da eine verschworene Gemeinschaft? Wolfgang: Ich habe im Herbst eine Ausstellung hier in Berlin-Friedenau gemacht, im Rahmen der ‘Südwestpassage Kultour’ und dazu alle mir bekannten Streetartisten eingeladen, mir Figuren bereitzustellen. Wir waren fünf Berliner und vier Nicht-Berliner (aus Deutschland und Dänemark).
Was sagst du dazu, dass der Trend nun auch nach Coesfeld gekommen ist? Verfolgst du den Trend in anderen Städten? Wolfgang: Ich bzw. wir finden das großartig, denn Korkmännchen sind ein offenes Projekt. Ich versuche, mich im Netz kundig zu machen.
Hast du schon über ein Ende deines Wirkens nachgedacht, oder wirst du weitermachen? Wolfgang: Es gibt noch viel zu tun.
Nachtrag im Januar: Coesfeld ist offenbar ein außerordentlich kreatives Pflaster. Auf der Straße sind schon Dutzende Figuren aufgetaucht und das Indoorpotenzial lässt noch einiges für die Straße erwarten – Korkfiguren, die von „Josef “ gemailt wurden.
Südwestpassage Kultour – das ist seit elf Jahren die Kunstsause in Friedenau, wie sie anderswo in Berlin auch stattfindet. Nur ist in Friedenau alles ein wenig konzentrierter. Die ortsansässigen Kunstschaffenden öffnen für ein Wochenende ihre Ateliers oder auch Wohnungen und stellen ihre Arbeiten vor. Dabei sind Fotografen und Maler, Bildende Künstler und Musikinstrumentemacher, Restaurateure, Das Kleine Theater, Lichtinstallateure u.v.a.m.
Kunst im öffentlichen Raum war bisher nicht der Schwerpunkt. Im letzten Jahr war allerdings schon das Social Knit Work Berlin dabei, das sich in diesem Jahr mit dem Einstricken der 900 Streben der Friedenauer Brücke hervortut.
Erstmalig dabei ist dieses Jahr das Alte Wilde Korkmännchen. Es wird gezeigt, wie die Korkmännchen entstehen; die Besucher dürfen selber basteln; jede Menge Fotos vor allem von Gudrun Borsdorff (Korkbotschafter) werden als Diashows ständig laufen; die Fragen nach dem Wie? Warum? Wo? können gestellt werden und werden beantwortet.
Aber um zu zeigen, dass Korkmännchen oder Yogis – wie sie bei Josef Foos heißen – nicht nur auf die eine Art und Weise gemacht werden können, sondern dass das Material eine große Vielfalt ermöglicht, sind eine Reihe von Streetartisten eingeladen worden und haben ihre Figuren beigebracht. Jede und jeder hat ihren eigenen Stil, der sich nicht nur in der Materialhandhabung zeigt sondern auch darin, ob und welche inhaltlichen Kontexte für die Figuren gesucht werden.
Herausgekommen ist ein kleiner Korkmännchen-Summit mit Alte Wilde Korkmännchen (Wolfgang Pohl – Berlin) • Einfach Blos (Benjamin Curti – Lüdenscheid) • Fantomas (N.N. – Münster) • FC Union-Yogis (Ingo Lange – Berlin) • Jens Sterzcyk (Berlin) • Joy Fox (Josef Foos – Berlin) • Kneisterfink (N. N. – Münster) • Korkfiluren (Jan Oskar Andersen – Dänemark) • Korkbotschafter (Gudrun Borsdorff – Berlin) …
… und Andrea Künstle hat noch Poster über die irren Quadrocopter-Flüge des 500. Alte Wilde Korkmännchen und über die Reise eines Alte Wilde Korkmännchen nach Kambodscha beigesteuert, das dort für Spenden für das Wasserprojekt WASH animiert hat.
Einblicke in die Vorbereitung der Ausstellung:
Paneele mit Alte Wilde Korkmännchen
Ways of Life – Installation von Josef Foos
Figuren von Korkbotschafter mit Korkmännchensetzer
Auf der überarbeiteten Seite Inspiration sind einige Beispiele zusammengetragen, wie stilistisch und thematisch vielfältig sich Korkfiguren gestalten lassen (Köche, Pfarrer, Tiere, Sport und vieles anderes mehr). Die Seite kann gar nicht die Spannbreite der möglichen Korkfiguren wiedergeben, sondern soll vielmehr dazu anregen, selbst Korkfiguren – ob Korkmännchen oder Korkmädchen – zu entwerfen und zu basteln. Und vielleicht mag ja auch der eine oder die andere seine Figuren nach dem Basteln als Bereicherung dem öffentlichen Raum anvertrauen. Da gilt: Reclaim Your City!
In diesem Jahr werde ich (Alte Wilde Korkmännchen) mich an der Friedenauer Südwestpassage Kultour in Berlin beteiligen. Die Künstler aus dem Kiez stellen am Wochenende vom 13. und 14. Oktober in ihren Wohnungen und Ateliers ihre Werke aus. Beim Alte Wilde Korkmännchen werden Fotos von Gudrun Borsdorff ausgestellt, die nun wohl schon weit über 2000 Korkmännchen und Streetyogis fotografiert hat. Es werden die vom Aussehen eher puristischen Alte Wilde Korkmännchen gebastelt. Und als weiteres Highlight wird es eine Ausstellung von diversen Streetartisten geben, die Korkfiguren basteln – aus Berlin und anderen Städten. Auf dem Foto oben sind einige Figuren von Kork Filuren, Korkbotschafter, Joy Fox, Jens Sterzcyk und Alte Wilde Korkmännchen zu sehen. Die Nachfrage bei anderen Streetartisten und deren Zusage lässt auf weitere Figuren hoffen.
Alte Wilde Korkmännchen (Wolfgang Pohl – Berlin) • Benjamin Curti (Lüdenscheid) • Fantomas (N.N. – Münster) • FC Union-Yogis (Ingo Lange – Berlin) • Jens Sterzcyk (Berlin) • Joy Fox (Josef Foos – Berlin) • Kneisterfink (N. N. – Münster) • Kork Filuren (Jan Oskar Andersen – DK Odense) • Korkbotschafter (Gudrun Borsdorff – Berlin)
Und wer nun auf die Idee gekommen ist, die Ausstellung mit eigenen Figuren zu bereichern, der ist herzlich aufgefordert sich mit mir in Verbindung zu setzen (Mail @ korkmaennchen.de)